Filialdaten werden geladen.

Ihre Daten werden gesendet.
Entdecke unsere Filial-Angebote

Online-Marktplatz

Filial-Angebote

Überschüssige Ware sinnvoll weitergeben

Warum werden so viele Lebensmittel ungenutzt entsorgt? Wer kann Aussortiertes noch weiter nutzen? Was können Hersteller, Handel und Kunden tun, damit gar nicht erst so viel Lebensmittelabfall entsteht? Und: Was hat das Mindesthaltbarkeitsdatum damit zu tun? Das und mehr haben wir Nachhaltigkeits-Expertin Anna Schunck gefragt.

Interview

Was ist Lebensmittelabfall und wieviel bleibt wirklich übrig?

Anna Schunck: Ein Drittel aller genießbaren Lebensmittel wird weltweit ungenutzt entsorgt. In Deutschland sind das rund 12 Millionen Tonnen pro Jahr. Ein Teil bleibt sogar schon direkt nach der Erzeugung auf Feldern oder in Gewächshäusern liegen, weil konventionelles Obst und Gemüse noch immer bestimmten Schönheitsnormen entsprechen muss, um es in den Supermarkt zu schaffen.

Insgesamt produziert der Handel rund vier Prozent des sogenannten „Foodwaste“, also des Lebensmittelabfalls. Das meiste Essen schmeißen Gastronomiebetriebe und Privathaushalte in die Tonne: Jedes achte Lebensmittel landet in deutschen Haushalten im Müll. So werden jährlich bei uns etwa 230.000 ganze Rinder in Form von voll genießbaren Wurst- und Fleischwaren weggeschmissen.

Welche Probleme ergeben sich dadurch für Umwelt und Klima?

Anna Schunck: Unnötig hergestelltes Essen verursacht einen unnötigen Verbrauch an Anbauflächen, Bodenfruchtbarkeit, Wasser, Energie und Ressourcen. Durch Lebensmittelverschwendung verschenken wir rund 25 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Gebiete in der Bundesrepublik und jährlich etwa 2.700 Liter Wasser pro Kopf. Emissionen bei Verpackungen und Transport heizen das Klima zusätzlich an. Und auch die Entsorgung kostet Geld und Ressourcen. Insbesondere in der Außer-Haus-Verpflegung und im Handel gibt es noch viel Verbesserungspotenzial. 90 Prozent der Lebensmittelverschwendung wären dort vermeidbar, wenn bestehende Normen geändert werden würden.

Welche Möglichkeiten zum Gegensteuern gibt es für einen Supermarkt?

Anna Schunck: Neben der Politik können auch die Wirtschaft und der Handel selbst etwas tun. Beispielsweise hat im Februar 2019 die Bundesregierung die nationale Strategie zur Verringerung von Lebensmittelabfällen beschlossen, um diese gemäß dem globalen Nachhaltigkeitsziel bis 2030 zu halbieren. So sollten beispielsweise Obst- und Gemüseauslagen, Brotregale und Co. nicht noch am späten Abend mit leicht verderblichen Waren aufgefüllt werden. Stattdessen sollte bedarfsgerechter mit kleineren Mengen und im Frische-Bereich auch mit weniger normschönen Äpfeln, krummen Karotten und Co. bestückt werden. Vermarktungskonzepte wie „Die etwas Anderen“, die sich für individuell gewachsenes Obst und Gemüse einsetzen, können und müssen so weiterentwickelt werden, dass naturnahe Lebensmittel im Supermarkt wieder selbstverständlich werden. Darüber hinaus ergibt es Sinn, auf Verpackungssysteme zu verzichten, die Lebensmittelverluste verursachen und stattdessen mehr lose Waren anzubieten.

Auch für die Lebensmittel, die schon aussortiert werden mussten, gibt es Wege weg vom Abfall. Initiativen wie die Tafel, Foodsharing und Co. geben überschüssige Ware weiter. Mit Apps wie Foodloop und Too good to go können Kunden B-Ware günstig bekommen und genießen.

Wie arbeiten diese Organisationen?

Anna Schunck: Diese und andere Organisationen verstehen sich als Lebensmittelrettende. Sie arbeiten mit Handel und Gastronomie zusammen, um dort übrig gebliebenen oder aussortierten Lebensmitteln eine zweite Chance zu geben. Über ein großes Netzwerk von, je nach Initiative, Haupt- oder ehrenamtlichen Mitarbeitenden werden die Waren abgeholt, an verschiedene Standorte verteilt und niedrigschwellig, niedrigpreisig oder kostenfrei angeboten.

So werden nicht nur Ressourcen genutzt statt verschwendet. Darüber hinaus lenken die Lebensmittelrettenden auch die allgemeine Aufmerksamkeit auf ein Problem, das uns im Alltag oft gar nicht bewusst ist und zeigen, wie lange auch optisch nicht einwandfreie oder abgelaufene Ware noch gut genießbar ist.

Lediglich frische, gekühlte Produkte sind oft vom Angebot der Lebensmittelrettenden ausgeschlossen. Das hat mit dem potenziellen Unterbrechen der Kühlkette zu tun – aber teils auch mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum, kurz MHD, das generell für viel Lebensmittelabfall verantwortlich ist.

Was genau ist denn das Problem mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum?

Anna Schunck: Kurz gesagt hat es einfach eine Art abschreckende Wirkung. Viele Konsumenten sehen nur die Zahl und glauben, dass das Produkt nach dem oft auch noch so genannten „Ablaufdatum“ gar nicht mehr gut sein kann. Das ist ein Trugschluss, der sich bei uns allen über die Jahre eingeschlichen hat. Dabei steht das MHD für „mindestens haltbar bis“, nicht für „sofort tödlich ab“.

Fakt ist, dass laut EU-Recht auf fast allen verpackten Nahrungsmitteln und Getränken verpflichtend ein Hinweis auf das Mindesthaltbarkeitsdatum aufgedruckt sein muss. Das Datum gibt aber nur den Tag an, bis zu dem ein ungeöffnetes Lebensmittel bei richtiger Lagerung seine spezifischen Eigenschaften wie Geruch, Geschmack und Nährstoffgehalt behält. Vereinfacht gesagt: Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist eine Art Qualitätsgarantie des Herstellers und eine Absicherung gegen Beschwerden. Weil dieses Prinzip so veraltet ist und zu Verschwendung führt, machen sich seit 2017 globale Lebensmittelhändler für die Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums stark.

Was können Konsumenten gegen Lebensmittelabfälle tun?

Anna Schunck: Unbedingt vom Mindesthaltbarkeitsdatum als Ablaufdatum frei machen. Gezielt auch oft mal eine kleine Birne oder eine schiefe Gurke kaufen, Bewusstsein schärfen, mehr frisch Kochen, den Überblick über Vorhandenes behalten und ganz praktisch: besser planen.

Besonders viel Sinn macht es, immer schon für die ganze Woche zu wissen, was auf den Tisch kommen soll und dann entsprechend einzukaufen. Dabei lieber den guten alten Einkaufszettel mitnehmen, als nur nach Gefühl zu gehen. Dann vor allem Verderbliches maßvoll, nicht auf Vorrat kaufen. Im Vorrat Älteres nach vorn und Neueres nach hinten sortieren und unbedingt richtig lagern lernen. Wenn doch mal was zu viel oder zu alt wird: einfrieren, einlegen, einwecken oder fermentieren.


Über Anna Schunck

Nachhaltigkeits-Influencerin  

Porträt Anna Schunck
© Michi Schunck

Anna Schunck, geboren 1981, ist freie Journalistin, Moderatorin, Menschenfreundin und Expertin für Nachhaltigkeit. Seit 2016 berichtet sie auf ihrem Online-Magazin „Viertel \ Vor” mit Spaß und Stil über verschiedene Aspekte von Klima- und Ressourcenschutz. Nebenbei betreibt sie diverse Podiumsdiskussionen über Fair Fashion, Zero Waste, Verkehrswende, Minimalismus sowie verschiedene passende Podcasts. Außerdem berät Anna Marken, Unternehmen und Medien, konzipiert und bearbeitet Text- und Bewegtbild-Inhalte und schreibt unabhängig für Magazine wie stern.de, Brigitte, Emotion, Couch, Grazia und viele mehr. Anna hat eine Tochter und lebt abwechselnd in Berlin und Brandenburg.


Das machen wir

Vielfältig aktiv gegen Lebensmittelverschwendung

Wir setzen uns dafür ein, dass Lebensmittel nicht wahllos auf dem Müll landen und sie die Wertschätzung bekommen, die sie verdienen.

  • Als Mitglied des Nationalen Dialogforums des Groß- und Einzelhandels zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung verpflichten wir uns freiwillig, konkrete Maßnahmen für weniger Lebensmittelabfälle entlang unserer Versorgungskette umzusetzen. Auch wir arbeiten auf die Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 hin.
  • Seit 2019 haben wir Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern dauerhaft im Sortiment und bieten dieses unter dem Label „Die etwas Anderen“ an.
  • Wir pflegen seit vielen Jahren Kooperationen mit den Tafeln: Rund 90 Prozent unserer Filialen geben regelmäßig nicht mehr verkaufsfähige, aber immer noch genießbare Lebensmittel an die örtliche Tafel ab.
  • An vielen Standorten arbeiten wir mit der Initiative „Foodsharing“ zusammen, welche Lebensmittel rettet, die man ansonsten wegwerfen würde.
  • Wir sind Partner von „Too good to go”, mit denen wir Hinweise zum richtigen Verständnis von Haltbarkeitsdaten auf ausgewählten Verpackungen anbringen.
  • Seit Mitte 2020 klären wir in der Kampagne „Vorsicht gut!“ zum Thema Lebensmittelverschwendung auf und geben dabei Tipps und Tricks zur Haltbarmachung oder Rezeptideen für die Resteverwertung.
  • Für unsere Mitarbeiter führen wir regelmäßige Pflichtschulungen zur Reduzierung von Lebensmittelverlusten durch. Etwa zur Einhaltung unserer Frische- und Hygienestandards.
  • Über unsere Warenwirtschaftssysteme und automatisierte Bestellprozesse sorgen wir für ein bedarfsgerechteres Angebot.
  • Über unsere Kaufland Medien, die Website und Social Media geben wir regelmäßig Tipps zur richtigen Lagerung oder erklären Themen wie zum Beispiel die Bedeutung von Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum.


Das könnte dich auch interessieren

Weitere Expertenkolumnen